Dreißigtausend Leben. Junge Leben. Beendet durch Ertrinken, ErdrücktWerden, Schüsse, Krankheit, Streit. Alles unterwegs – auf der Flucht von einem unerträglichen Ort, der eigenen Heimat, in Richtung Hoffnung auf Besseres.
Sind zehn Stunden genug, um damit wirklich in Kontakt zu kommen?
Mich lud vor allem die Länge der 100. Mahnwache der Seebrücke Bonn ein: zehn Stunden, von 10 bis 20 Uhr, am Mittwoch 15. März. Denn ich brauche Zeit zum Zeugnis-Ablegen.
Und ich wollte als Friedenstifterin die Aktivisti der Seenotrettung und die Frontex-ZweiflerInnen unterstützen. Wollte dem bunten Mosaik der Teilgebenden – die Seebrücke hatte weitere Vereine wie sea-eye, Ausbildung statt Abschiebung, Amnesty International usw. zur Kooperation eingeladen, und alle waren gekommen – unser kontemplativ-tätiges Steinchen beifügen.
So saß ich viele Stunden auf einem Platz – das Mittelmeer symbolisiert durch ein Tuch mit aufgedruckten Fischen, umgeben von „Grenzen“. Zwischendurch rezitierte ich während der GehMeditation Namen von auf der Flucht gestorbenen Menschen aus dem Buch „Todesursache Flucht“.
Hilft das? Den Geflüchteten wohl nicht. Mir? Ja – mich tiefer mit dem Leiden zu verbinden, mit der Sehnsucht nach friedlichem Leben. Das gibt mir Kraft zum DabeiBleiben. Und mich bewegte der Abschiedsgruß eines jungen Aktivisten, der die ganze Aktion mit organisiert hatte: „Ich habe ab und zu zu dir rübergeschaut, und dann wurde ich ganz ruhig.“
Wer sich einen Film über den Tag anschauen möchte, kann das bei laut-werden.de tun (ein online-Kanal, der Demonstrationen in Berlin und Bonn filmisch dokumentiert und damit zum demokratisch-öffentlichen Diskurs beitragen will).
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Liebe Kathleen, vor einigen Wochen habe ich mich aus dem monatlichen Spenden für die Seebrücke zurückgezogen. Jetzt gerade landet mein Geld in Aleppo. Fragezeichen sind in mir. … Wenn ich deine Worte lese, bin ich erschüttert und berührt. Berührt davon, dass Zeugnis ablegen in Stille so wesentlich ist und erschüttert über die immer weiter wachsenden Todeszahlen. … Vor ca. 3 Jahren haben wir in Schorndorf eine Aktion gemacht und Freitagabends Kreidekreuze auf den Marktplatz gezeichnet für jede*n, der/die auf der Flucht umgekommen ist. Wir waren 10 Menschen und haben stundenlang gebraucht. … Jetzt könnten wir die Zahl kaum noch bewältigen. … Danke Kathleen für dein Mitteilen!
Danke auch dir, liebe Ute, für dein mitfühlendes Engagement! Auch wenn wir damit kein Opfer dieser Umstände wieder lebendig machen – es verbindet und stärkt uns, die wir aus unseren je unterschiedlich priviligierten Situationen heraus Frieden stiften können.