Meditierplatz (Foto: H.Stange)

Dreißigtausend Leben. Junge Leben. Beendet durch Ertrinken, ErdrücktWerden, Schüsse, Krankheit, Streit. Alles unterwegs – auf der Flucht von einem unerträglichen Ort, der eigenen Heimat, in Richtung Hoffnung auf Besseres.

Sind zehn Stunden genug, um damit wirklich in Kontakt zu kommen?

Mich lud vor allem die Länge der 100. Mahnwache der Seebrücke Bonn ein: zehn Stunden, von 10 bis 20 Uhr, am Mittwoch 15. März. Denn ich brauche Zeit zum Zeugnis-Ablegen.

Und ich wollte als Friedenstifterin die Aktivisti der Seenotrettung und die Frontex-ZweiflerInnen unterstützen. Wollte dem bunten Mosaik der Teilgebenden – die Seebrücke hatte weitere Vereine wie sea-eye, Ausbildung statt Abschiebung, Amnesty International usw. zur Kooperation eingeladen, und alle waren gekommen – unser kontemplativ-tätiges Steinchen beifügen.

So saß ich viele Stunden auf einem Platz – das Mittelmeer symbolisiert durch ein Tuch mit aufgedruckten Fischen, umgeben von „Grenzen“. Zwischendurch rezitierte ich während der GehMeditation Namen von auf der Flucht gestorbenen Menschen aus dem Buch „Todesursache Flucht“.

Hilft das? Den Geflüchteten wohl nicht. Mir? Ja – mich tiefer mit dem Leiden zu verbinden, mit der Sehnsucht nach friedlichem Leben. Das gibt mir Kraft zum DabeiBleiben. Und mich bewegte der Abschiedsgruß eines jungen Aktivisten, der die ganze Aktion mit organisiert hatte: „Ich habe ab und zu zu dir rübergeschaut, und dann wurde ich ganz ruhig.“

Wer sich einen Film über den Tag anschauen möchte, kann das bei laut-werden.de tun (ein online-Kanal, der Demonstrationen in Berlin und Bonn filmisch dokumentiert und damit zum demokratisch-öffentlichen Diskurs beitragen will).

Zeitungsbericht am Tag danach (GA 16.3.2023)