Willkommen zum fünften und letzten Teil der Kontemplationen zum Reinigungs-/ReueVers. Zur Orientierung darüber, wo wir uns gerade befinden, zu Anfang noch einmal die komplette aktuelle Version des Verses, mit der ich derzeit meditiere:

Alles Zerstörerische, das wir als Menschheit je in die Welt gebracht haben mit unserem Nicht-Wahrhaben von Vergänglichkeit und AllverbundenSein, mit Gier, Hass, Verblendung, wie wir sie in unserem Tun, unseren Worten und Gedanken verbreiten, und alle Auswirkungen davon erkenne ich an. Ich stelle mich in die Mitverantwortung. Mein Herz öffnet sich dem Leiden, das daraus entstanden ist und täglich neu entsteht. Ich will JETZT, immer mehr, Teil der Lösung sein.“

Gestern habe ich anhand des zweiten Teils des Verses meine meditative Erfahrung eines VierSchritts im Zeugnis-Ablegen skizziert und die drei ersten Schritte benannt: anerkennen (dessen, was ist) + eintreten (in die MitVerantwortung, in die Situation) + öffnen (Herz, Schmerzkörper, Nervensysteme).

Nun zur letzten Zeile meiner Version des Verses:

… Ich will JETZT, immer mehr, Teil der Lösung sein.

JETZT – in diesem Moment, und in jedem nächsten – entscheide ich, dass ich zu Zerstörung und Schädlichkeit nicht mehr beitragen will. Auf das Wollen, die Entschlossenheit kommt es an. Ich kann nicht sicher sein, dass es mir immer gelingt; ich kann nicht sicher sein, dass ich unterwegs nicht immer wieder zweifle, verzage. Aber mit dieser inneren Entscheidung mache ich den Schritt vom Zeugnis-Ablegen (zweiter Grundsatz der ZenPeacemaker) ins Handeln (dritter Grundsatz der ZenPeacemaker).

Eine Zeitlang rezitierte ich hier die Formulierung „(…das ungelöste Karma…) … löse ich jetzt“. Die Übersetzung von „… löse ich …“ in „… will…Teil der Lösung sein“ überzeugt und vitalisiert mich, vor allem, weil ich damit nicht mehr dem Akteurskult oder meinen Allmachtsfantasien huldige („ein Mensch löst die Probleme der Welt“), nicht mehr dieser Art von Überverantwortlichkeit aufsitze, die so viele Klima- und Friedens-Aktivisti ins Ausbrennen geführt hat („ALLES hängt nur von mir ab“). Sondern weil ich mich einordne in das komplexe, systemische Lösungsgeschehen, von dem ich ein Teil(chen) sein und zu dem ich beitragen will.

Auch wenn JETZT immer der eine Augenblick ist, der Moment, in dem ich mich stets aufs Neue entscheide: „… immer mehr …“ signalisiert mir das Prozesshafte, das Aufbauende: Es geht nicht von Null auf Hundert (vom Zerstörerischen gleich in die Lösung), sondern ich begreife es als Weg, den ich stetig gehen will, an dem ich täglich weiter wirken kann. Ich treffe immer neu die Entscheidung, mich vom Zerstörerischen hin zum Leben-Schützenden zu wenden, und ich wachse in die Lösung hinein, bis zu meiner eigenen Auf-Lösung. Mich irgendwann aufzu-lösen in die Erde, mit meinen Knochen, die ich bis dahin auftanken will mit der Schönheit und dem Licht dieses Lebens – auch damit bin ich „Teil der Lösung“.

Damit endet diese Blog-Kontemplation. Ich danke für’s Lauschen und die freundlichen Reaktionen! Nochmals auch mein Dank an Sabine, Ursula, Sita, Johannes und Dorle (Verlinkungen zu euch s. Beitrag 1) – ihr habt alle hierzu beigetragen. Und wen etwas an all dem stört – mit einer augenzwinkernden Verbeugung Richtung Bernie sage ich: Es ist nur meine Meinung, Leute!

Möge unser nicht-Handeln (Sein-lassen) ebenso wie unser Handeln das Wohl aller Wesen und der Erde mehren, auf der wir miteinander leben.

Wandgemälde, gesehen im Hinterhof der „Quelle des Mitgefühls“, Berlin