Einmal im Monat treffen sich ein paar Menschen auf Initiative von Bernd Drosihn, um am Samstagmittag mitten im Konsumgewühl eine halbe Stunde still zu sitzen.
Angefangen hat Bernd das im „Bonner Loch“, einer schaurigen Bausünde direkt am Hauptbahnhof, der sich über die Jahre zum Treffpunkt der Junkies und Wohnungslosen – Bernd nennt sie „Menschen, die ein emotionales Verhältnis zu ihren Süchten haben, wie wir alle“ – entwickelt hatte (daher auch der Name „Stille Treppe“ – das war ein Treppen-Abgangstunnel in den unterirdischen Teil des Bahnhofs). Dort wird gerade renoviert und hochglanzpoliert. So zogen wir mit den „Aussortierten“ ein paar Meter weiter an den Brunnen hinterm Busbahnhof.
Gestern habe ich in dieser halben Stunde, nachdem die 12-Uhr-Glocken langsam ausgeklungen waren, bewusst wahrgenommen: Ich lege hier nicht nur Zeugnis ab von der Lebenssituation der Ärmeren und Randständigen dieser Stadt, in der ich lebe. Sondern auch davon, wie das Konsumgebahren die Menschen hetzt und vor sich hertreibt. Davon, wie ein paar still sitzende Menschen diese Hetze berühren – mal leicht irritieren, mal gar nicht (am interessiertesten sind meist die Kinder). Und davon, wie kostbar die Platanen sind, die um uns herum im Herbstwind rauschten. Und das Wasser, das im Brunnen sprudelt. Alles tritt einfach saftiger, deutlicher in die Sinne ein, wenn ich mir erlaube, zur Ruhe zu kommen.
P.S. Bernd hatte einst in den frühen 1980er Jahren eine Weile bei dem Vorläufer der Greyston Bäckerei in Riverdale in der Bronx bei Bernie Glassman gearbeitet. Er ist ÖkoPionier und Gründer der Bio Firma TOFUTOWN, wo er bis heute arbeitet.